Vpace TMX Testbericht

Nach einer kleinen Pause freue ich mich, mit einem Bike Testbericht in die hoffentlich wärmeren und sonnigeren Monaten starten zu können. Heute geht es um das TMX Bikepacking/Adventurerad von VPACE.

Technischen Daten:

  • Preis: 1599€ für den Rahmen, optional aber sicher vernünftig ist die zugehörige Starrgabel aus Carbon von VPACE für 389€ (auf meine Anfrage kostenlos geliehen)

  • Gewicht: Der Rahmen wiegt ca. 2.2 kg in Größe L, für die Gabel habe ich kein Gewicht, aber ich gehe hier von 700-800g aus

  • Rahmenmaterial Titan, Gabel Carbon, Reifenfreiheit 2.25” offiziell (ich denke aber auch 2,35/4 sollte noch passen)

  • Sattelstütze 27,2 mm, 1-Fach und 2-Fach möglich, Bremsaufnahme ist hinten Flat-Mount und vorne Post-Mount 160/180mm Rotor, 142x12mm Hinten u. 100x15mm vorne

Während meiner Suche nach Inspiration für mein eigenes Gravelbike (Bericht dazu) habe ich mich relativ viel mit “Monstercrossern,Dropbar-MTBs”, wie man sie auch nennen will, beschäftigt, um mir einen Überblick zu verschaffen, welche Rahmengeometrien oder Anbauteile gut passen könnten. Ich habe damals auch mit dem Gedanken gespielt, mir einen Titanrahmen zu kaufen oder bauen zu lassen und bin dabei schnell auf VPACE gestoßen, ein Unternehmen aus der Ecke Horgenzell/Ravensburg. Ich habe mich im Zuge dieses Testberichts auch mit der Entstehungsgeschichte von VPACE auseinandergesetzt und muss sagen, dass sie sehr inspirierend ist. Beginnen tut es damit, dass Sören (der Mastermind hinter VPACE), der damals noch von Beruf her Grafikdesigner ist, Bock auf ein 29er-Mountainbike hat, welches genauso direkt ist, wie sein Rennrad, mit dem er zu der Zeit Rennen rund um Köln fährt. Dieses Bike reicht er dann bei der 2013er Ispo Bike Messe ein und wird direkt zweitbester Newcomer. Aus dem Wunsch heraus, ein unverwüstliches Rad für sich und einen Kumpel für den Winter zu haben, sucht Sören dann auch noch einen Hersteller für Titanrahmen. Daraus entstand dann der heute noch erhältliche TST Speedtraveler (der bald in seiner dritten Version mit optionaler Titangabel kommt, Link dazu). Persönlich denke ich, dass Produkte, die durch den eigenen Bedarf entstehen immer die besten sind. Hier wird einfach der Fokus auf das richtige gelegt, nämlich die Funktionalität. Bei VPACE gab es dann 2018 aber dann einen riesigen Schock, das damalige Hauptquartier ist damals komplett abgebrannt. Das konnte Sören und VPACE aber nicht aufhalten und heute sitzt die Firma in einem schönen neuen HQ in Horgenzell und hat sogar noch einen Showroom (Ventoux) in bester Lage in Ravensburg. Zusätzlich zu Carbon & Titanrädern bietet VPACE mittlerweile auch Kinderräder, an die sehr interessant aussehen!

Geometrie

Aber jetzt mal wieder zum TMX. Erstmal hierzu die harten Fakten:

Größe Oberrohr Steuerrohr Sitzrohr Kettenstrebe Reach Stack Fahrergröße

S 545 100+15 mm @ 69° 410 @ 74° 445 371 607 ca. 165 – 175 cm

M 552 110+15 mm @ 69° 485 @ 74° 445 376 615 ca. 172 – 183 cm

L 583 130+15 mm @ 69° 535 @ 74° 445 400 635 ca. 180 – 190 cm

XL 601 150+15 mm @ 69° 585 @ 74° 445 412 658 ca. ab ~ 188 cm

Ich durfte das TMX in der Größe L testen, was für mich mit 184cm und kurzen Beinen gerade noch so gepasst hat. Wenn ich mir selber eins kaufen würde, wäre es wahrscheinlich in der Größe M, einfach wegen der angenehmeren Überstandshöhe und etwas kürzerem Reach. Wie ich schon beim Testbericht fürs BMC URS beschrieben habe, gibt die Geometrie am meisten vor, wie sich das Rad fährt (neben Reifengröße und evtl. Rahmenmaterial). Bei der ersten Fahrt ist mir direkt aufgefallen, dass mir die Geometrie bzw. wie sich das Rad fährt mir bekannt vorkam und siehe da beim späteren Geometrievergleich hatte sich dann mein Verdacht bestätigt. Das TMX ist sehr sehr ähnlich zum Salsa Cutthroat. Wem das nichts sagt, kein Problem. Beide Räder sind somit eher MTBs anstatt Rennräder, sogenannte DropbarMTBs also auf Deutsch ein Mountainbike mit einem Rennradlenker und so fährt sich das Rad auch. Das Erste, was mir aufgefallen ist, ist die Geschwindigkeit. Von meinem selbstgebauten Rahmen (Link dazu) bin ich eher gemächliche Geschwindigkeiten gewöhnt, aber das TMX marschiert aufgrund der Kombination von steifer Carbongabel und, für 2.25” Reifengröße, kurzen Kettenstreben gut voran. Der Stack zu Reach Wert von 1,64 (in Größe M) spricht auch dafür, dass das Rad für längere Tage im Sattel ausgelegt ist. Die Position ist dadurch angenehm aufrecht, aber keine Angst, ein Hollandrad ist es auch nicht. Der Sitzwinkel finde ich mit 74° perfekt, da man hiermit etwas stärker über dem Tretlager sitzt. Ich finde persönlich, dass ich hiermit immer etwas mehr Power auf die Pedale bekomme und in der Kombination aus dem Lenkwinkel von 69° kann man eine wirklich effektive aber auch komfortable Position finden. Für Offroadbikes bin ich ein Fan von Lenkwinkeln zwischen 68 und 70°. Je flacher dieser Winkel, desto stabiler und laufruhiger wird das Rad beim Berg herunterfahren. Beim bergauf fahren tritt dafür das Phänomen auf, dass das Vorderrad bei niedrigen Geschwindigkeiten anfängt etwas nach links oder rechts zu wandern, wovor man aber keine Angst haben muss, daran gewöhnt man sich schnell und wirklich stören tut es auch nicht. Die Gabelgröße bzw. Einbauhöhe ist so konzipiert, dass ihr anstatt der Carbongabel auch eine 100er-Federgabel einbauen könntet. Das finde ich genial, denn wer mit dem Rad mal Events wie das Silk Road Mountain Race oder das Atlas Mountain Race in Marokko fahren will, wird sich über jede Form der Federung freuen. Auch, dass das Rad sehr nah an dem Salsa Cutthroat ist, würde ich dem Bike zugutehalten. Ein Cutthroat aus Titan ist etwas, was viele sich wünschen und ist mit dem TMX sehr gut umgesetzt.

Generell ist die Geometrie finde ich sehr gelungen. Das Rad fährt sich eher wie ein Mountainbike als ein Rennrad, aber das bedeutet nicht, dass ihr nicht schnell auf der Straße sein könnt. Das TMX ist keine lahme Schnecke und mit einem zweiten Laufradsatz mit 50er Slicks könntet ihr auch locker jeden Brevet fahren. Im Gelände ist das TMX am stärksten. Es klettert gut und macht richtig viel Spaß auf Abfahren im Wald oder auf Schotter und auch generell überzeugt es auf jeglichen Oberflächen, Chapeau!

Auststattung

Das Thema Ausstattung ist beim TMX etwas speziell, weil es keinen Standard hierzu gibt. VPACE vertreibt den Rahmen alleine oder als Komplettaufbau nach Kundenwunsch. Ich gehe hier mal kurz darauf ein, mit welcher Ausstattung ich das Rad getestet habe und mit welcher ich es bei einem privaten Aufbau fahren würde. Gekommen ist das Rad mit einer klassischen 1x11 Schaltung von SRAM mit einer Übersetzung von 32t vorne und 11-42t hinten. Reifen waren die Schwalbe G-One Allround in 2.25” (55mm). Cockpit kam von Ritchey mit einem schön breit ausgestellten Lenker und Vorbau. Sattelstütze ist aus Titan und wird von VPACE selber vertrieben und kommt aus derselben Schmiede wie der Rahmen auch. Generell war ich zufrieden mit den Komponenten. Die Schaltung schaltet, der Lenker lenkt, die Reifen rollen und genug Gänge bzw. Reichweite um steilere Passagen hochzukommen hat man auch. Da ich das TMX persönlich aber eher als Offroad/Bikepacking/Touringrad sehe, würde ich mit den Komponenten auch etwas mehr in die Richtung schießen. Ein kleiner Negativpunkt ist das Einbaumaß der Gabel. Hinten ist diese regulär 142x12mm non-boost, da erwartet man eigentlich auch vorne den gleichen Standard. Leider hat die Gabel 100x15 non boost. Diesen Standard hat quasi kein normaler Laufradsatz, den ihr eventuell am bisherigen Gravelbike habt. Von daher heißt es, wenn ihr euren alten Laufradsatz mitnehmen wollt, Nabe vorne ändern lassen oder direkt einen neuen Laufradsatz bei z.B. (hexenwerk) bestellen

Schaltung —> Gevenalle Schalt-/Bremshebel (Testbericht hierzu kommt noch, bietet einem eine einfache Möglichkeit MTB-Schaltwerke mit einem Rennradlenker zu bedienen, egal ob Shimano oder SRAM)

Bremsen—> Passend zu den oben genannten Hebeln würde ich hier auf etwas altbewertes setzen, Avid BBs. Eine mechanische Scheibenbremse der ersten Stunde, die super einfach zu bedienen & nachstellen ist, super funktioniert und günstig ist.

Cockpit —>Ich denke ein dämpfender Vorbau wie der Redshift Shockstop oder der Vecnum freeqence passt immer gut an Räder wie das TMX. Wenn man ihn hart einstellt, kommt er auch wirklich nur bei sehr rauem Gelände zum Einsatz, beschützt aber dafür eure Hände. Eigentlich immer ein WIN-WIN an fast jedem Rad.

Reifen —> Die G-One Allround sind ok, ich denke mittlerweile gibt es einfach bessere Reifen für den Offroad Sektor. Für mich wäre es der Vittoria Mezcall TNT, Ultradynamico Mars oder Rene Herse Fleecer Ridge

Sattelstütze —> hier würde ich einfach auf eine Sattelsttütze mit Setback gehen, wenn es den eure Sattelposition erlaubt. Gerade Stützen sind zwar etwas effektiver, aber eine Stütze mit Setback ist deutlich bequemer. VPACE bietet hierzu auch eine passende aus Titan an.

Aber das sind natürlich meine Vorlieben und keine allgemeingültige Emfehlungen für jedermann und jedes Gelände. Hier muss man einfach schauen, wo man am meisten Zeit verbringt und wofür das Rad im Extremfall ausgelegt werden soll. Wird es nur auf heimischen Schotterwegen bewegt, wo der nächste Radladen nie weit ist, kann man sich auch ohne Probleme eine elektronische Schaltung oder hydraulische Bremsen anschrauben. Genauso kann man natürlich auch auf dämpfenden Vorbau und Sattelstütze verzichten, wenn man das Rad vielleicht nur in der Stadt oder auf Feldwegen fährt. Hier können euch die Jungs und Mädels bei VPACE aber auch bestens beraten.

FÜR WEN IST DAS VPACE TMX DAS RICHTIGE BIKE? UND FÜR WEN NICHT?

Meine Empfehlung fällt hier ähnlich wie beim BMC URS aus. Ich denke, das TMX ist für Einsteiger sowie fortgeschrittene Radfahrer geeignet. Die Geometrie ist sicher etwas näher am Mountainbike dran als am Rennrad und somit könnte ich es mir gut als das Gravelbike für Mountainbiker vorstellen. Aber auch jemand der viel auf Touren und mit Gepäck unterwegs wird mit dem TMX glücklich werden. Ganze 7 Flaschenhalter können am TMX befestigt werden, ja die Nummer stimmt. Die Ösen an den Sattelstreben habe ich davor noch nicht oft gesehen, aber sind natürlich echt super, wenn man etwas mehr Wasser oder Gepäck mitnehmen muss, wirklich Klasse. Durch die angenehme aufrechte Haltung sollten lange Tage im Sattel kein Problem sein. In der Kombination mit dicken Reifen fehlt es auch Null an Komfort. Falls Bikepacking und oder hartes Gelände nicht so dein Ding sind, aber du trotzdem einen angenehmen und schnellen Rahmen aus Titan fahren willst, bist beim TST Speedtraveler wahrscheinlich besser aufgehoben. Das Rad ist quasi eher ein klassisches Gravel/Allroadbike mit etwas weniger Reifenfreiheit aber spritzigeren Geometrie.

Titan- Lohnenswert oder nur Marketing?

Ich war mir nicht sicher, ob ich auf diesen Punkt gesondert eingehen wollte oder nicht, aber da ich das Gefühl habe, dass es doch für viele interessant ist, möchte ich mal meine Meinung dazu abgeben. Erstmal vorne raus, Titan hat sich wirklich magisch angefühlt. Generell habe ich vom Untergrund nichts mitbekommen, bis er wirklich grob wurde. Vibrationen von der Straße oder Schotterwegen kamen bei mir nicht an. Das muss man Titan schon lassen. Klar bekommt man das mit hochwertigen Stahlrohren ähnlich hin, wobei es sich bei Stahl etwas anders anfühlt, aber einfach nicht zu dem Gewicht welches Titan hat. Ist es also den Aufpreis gegenüber einem gleichwertigen Rad aus Stahl wert? Ich denke beim Beispiel vom VPACE TMX auf jeden Fall. Man muss sich keine Sorgen über Rost oder Lackabplatzungen machen und es ist auch relativ pflegeleicht. Der Komfort ist auch super. Solange man das Rad nicht völlig übertrieben irgendwo im Bikepark fährt, sollte euch der Rahmen ein Leben lang begleiten und dann sind die paar hundert Mehrinvestment am Anfang auch völlig in Ordnung. Für mich ist also klar, Titan ist nicht nur Marketing, sondern wirklich nochmals ein Upgrade, welches ich gerne für einen geringen Mehrpreis nehme.

VPACE TMX 2.0?

Auf der Homepage ist neuerdings noch ein neues Rendering der aktuellen Rahmen hochgeladen, welches ein paar minimale Änderungen gegenüber des Modells hat, welches ich gefahren bin. Die beiden wichtigen Änderungen sind:

  • Eine Änderung ist die neue Yoke an der Kettenstrebe um die Reifenfreiheit im Tretlagerbereich etwas zu optimieren

  • Ist die Änderung der Bremsaufnahmen hinten von Post-Mount auf Flatmount

Von der letzteren Änderung bin ich persönlich nicht der größte Fan. Es stimmt zwar, dass quasi alle neuen Schaltungen nur noch mit Bremsen für Flat-Mount Aufnahmen kommen, aber wer vorhat mechanische Bremsen zu verwenden sollte unbedingt die Post-Mount Aufnahme wählen, ansonsten habt ihr kaum Platz, die Bremsen wie z.B. TRP Spyre, Avid BBs, Paul Klamper einzustellen, weil euch eure Kassette im Weg ist. Das sollte euch einfach bei der Bestellung bewusst sein.

(Quelle vom Bild unten https://www.vpace.de/tmx-bikepacking-titanrahmen?c=27)

POSITIV

Die Geometrie macht Spaß und Schotter- und Waldautobahnen werden zum Kinderspiel

Titan hat als Material eine schöne Eigendämpfung

Der Rahmen hat alle Anschraubpunkte, die für Bikepacking oder längere Touren braucht

Die Reifenfreiheit ist großzügig, somit kann man für jedes Terrain den richtigen Pneu aufziehen

Preislich lohnt es sich meiner Meinung nach auch. Titanrahmen mit deutschem Garantie-/Ansprechpartner für unter 2000€ findet man sonst nicht

Die Geometrie kann noch etwas individualisiert werden. Etwas kürzer? Kein Problem. Etwas höher? Ebenfalls kein Problem.

NEUTRAL

Die Bremsaufnahme ist vom Rahmen zur Gabel verschieden. Das kann nervig sein, wenn man bereits mit Komponenten von einem älteren Rad kommt

Rahmen ist mit ca. 2.2kg kein Leichtgewicht, dafür sollte er euch ein Leben halten

NEGATIV

Der Achsenstandard der Gabel wird nirgendwo benutzt, daher gestaltet sich das Mitbringen eines bestehenden Laufradsatzes schwierig bzw. ist man auf einen Custom Laufradsatz angewiesen (Mir ist kein Weg bekannt von einer 12er Achse auf eine 15er umzurüsten, ohne die Nabe zu wechseln. Hier gerne Richtigstellung wenn ich da etwas übersehe)

FAZIT

Das TMX von VPACE ist ein Treffer auf voller Linie. Mit einer durchdachten Geometrie, sinnvollen Anschraubpunkten und der Möglichkeiten Kleinigkeiten in der Geometrie anzupassen bietet es wirklich das volle Paket. Wer auf der Suche nach einem neuen Gravel/Bikepacking/Weltreiserad ist, sollte unbedingt mal bei VPACE auf der Homepage oder im Ventoux in Ravensburg vorbeischauen. Das TMX checkt viele Boxen und mir fällt nicht unbedingt viel ein, was ich persönlich mehr an einem Gravelbike wollen würde. Ich bin mir sicher, hätte ich mir nicht meinen eigenen Rahmen aus Stahl gebaut, hätte ich heute ein TMX in Wohnzimmer stehen. Ganz klare Kaufempfehlung.


Ich würde mich freuen das Speedtraveler auch noch zu fahren, das Rad von VPACE welches etwas mehr am Rennrad bzw, Allroadrad ist. Vielleicht klappt das ja in der Zukunft. :)

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