Schwalbe G-One RX Pro Testbericht
Heute geht es weiter mit einem Reifen – und zwar dem neuesten Modell aus Schwalbes Gravel-Lineup: dem G-One RX Pro. Der Name klingt schon schnell, und genau das will der Reifen auch sein. Vorgestellt wurde er im Herbst 2024, und ich hatte seitdem den gesamten Frühling über Zeit, mir auf rund 1500 Kilometern ein Bild davon zu machen, was der RX Pro wirklich kann – und worin er sich von anderen unterscheidet.
Preis: 54 € (Stand: 09.06.2025, Quelle: Bike24) – Hinweis: Der Reifen wurde mir für diesen Test kostenfrei von Schwalbe zur Verfügung gestellt.
Gewicht: Herstellerangabe 615 g – selbst nachgewogen: ca. 618 g
Getestete Größe: 700 x 50C – erhältlich auch in 40 C und 45 C
Tatsächliche Breite auf der Felge: 51 mm auf 25 mm Maulweite
Maximaler Druck: 3,5 Bar / 50 PSI
Schwalbe kurz vorgestellt – Klassiker mit Rennsport-DNA
Mein erster Kontakt mit Schwalbe im Gravel-Bereich war 2019, damals noch mit dem G-One Allround in 35c. Für die damalige Zeit ein „großer“ Gravelreifen und einer der ersten seiner Art. Seither hatte ich immer wieder Schwalbe-Reifen im Einsatz – und war im Großen und Ganzen zufrieden. Mit dem Boom rund ums Gravelbike sind jedoch viele neue Modelle anderer Hersteller auf den Markt gekommen, die den Allround oder auch den Bite in mancher Hinsicht überholt haben.In den letzten zwei Jahren hat Schwalbe kräftig nachgelegt und drei neue Reifen vorgestellt, jeweils für unterschiedliche Einsatzzwecke: den G-One R, den G-One RS und den Overland. Heute widmen wir uns dem neuesten Modell: dem G-One RX Pro, der hier im Bild zu sehen ist.
Der G-One RX Pro im Gelände – Schwalbes Reifen fürs Grobe
Der RX Pro ist Schwalbes Antwort für alle, die etwas mehr Profil suchen – oder brauchen. Auch wenn Schwalbe es nicht explizit so formuliert hat, wirkt es für mich, als würde der RX Pro den älteren Ultrabite ablösen. Der Ultrabite war mit seinem hohen, groben Stollenprofil recht aggressiv – für meinen Geschmack fast zu viel des Guten, vor allem da meine Strecken oft erst über Asphalt führen, bevor es auf Schotter geht. Trotzdem: Der Ultrabite war durchaus beliebt.
Der RX Pro hingegen macht auf vielen Ebenen Sinn. Während Modelle wie der R, RS oder Overland eher im Bereich „wenig bis moderates Profil“ unterwegs sind – mit dem Overland noch als „griffigstem“ Vertreter – geht der RX Pro deutlich einen Schritt weiter. Das Profil ist für einen Gravelreifen ausgesprochen markant, mit großen Abständen zwischen den Stollen – ganz klar gemacht fürs Grobe.
Man erkennt schnell, worauf der RX-Pro ausgelegt ist: Grip im Gelände – und zwar reichlich davon. In der Mitte sorgen dreiecksförmige Stollen für satten Vortrieb, während an den Seiten ausgeprägte, hohe Seitenstollen die Spurtreue in Kurven sichern. Der Reifen schreit förmlich: „Ich will ins Gelände!“
Mein erster Eindruck
Wie oben erwähnt, war der „alte“ Ultrabite nie so ganz mein Reifen – einfach, weil ich stark profilierte Reifen eher meide. Oft bringen sie eine unausgeglichene Performance zwischen Straße und Gelände mit sich. Und genau diese Balance ist es, die ich am Overland so schätze: ein Reifen, den man einfach immer montiert lassen kann, weil er sich überall gut schlägt.
Aber gut, irgendwann ist immer das erste Mal. Also: RX-Pro montiert – wie immer bei Schwalbe in Rekordzeit. Zwei, drei Minuten, fertig. Gerade bei breiteren Reifen funktioniert das bei Schwalbe einfach erstaunlich gut.
Dem einen oder anderen Adlerauge mag aufgefallen sein, dass ich den Reifen mit Schlauch fahre. Nein, nicht wegen eines Plattens. Ich fahre momentan schlicht zu viele Räder und wechsle ständig Reifen – da ist Tubeless einfach jedes Mal ein kleiner Sauhaufen. Wäre das mein einziges Rad? Klar, dann wäre es tubeless. Aber auch so: Mit 2 Bar Luftdruck über Stock, Stein und Schotter geballert – bisher alles dicht. Toi toi toi.
Doch zurück zum ersten Fahreindruck – und der war ehrlich gesagt… nicht gerade berauschend.
Okay, das klingt jetzt etwas reißerisch – aber hey, wir reden hier über Gravelreifen, da darf man auch mal ein bisschen Öl ins Feuer gießen. Mein erster Gedanke nach den ersten Kilometern war: „Mein Cockpit vibriert wie ein Rüttelbrett, und ich klinge wie ein Eurofighter.“ Ich fühlte mich in meiner Skepsis gegenüber dem groben Profil bestätigt. Die Vibrationen waren so stark, dass ich ernsthaft dachte, mein Steuersatz sei locker. Es fühlte sich einfach nicht richtig an – jedenfalls die ersten 50 Kilometer lang.
Doch siehe da: Nach etwa 150 Kilometern wurde der Geräuschpegel auf Asphalt deutlich leiser – offenbar mussten sich die Stollen einfach einfahren. Und im Gelände? Da fühlt sich der RX-Pro pudelwohl. Die Selbstreinigung ist durch den großen Abstand der Stollen extrem gut: Schlamm löst sich zuverlässig, sobald der Untergrund wieder fester wird. Auch in Kurven vermittelt der Reifen ein Plus an Kontrolle im Vergleich zum Overland oder RS – als wäre er speziell für grobes, schlammiges Terrain optimiert.
Aber zurück zu meinem ursprünglichen Vorbehalt: die Asphaltperformance. Auch wenn ich in der Schweiz lebe, wo es wunderschöne Schotterstrecken gibt – Asphalt ist bei vielen Touren einfach mit dabei. Als Anfahrt, als Verbindung, oder auf dem Heimweg. Ein Reifen, der da zur Schnecke mutiert, fällt für den Alltagsgebrauch für mich raus.
Doch hier hat mich der RX-Pro tatsächlich überrascht – und zwar positiv. Auf Asphalt ist der Reifen erstaunlich schnell. Und nicht nur subjektiv. Ich ziehe bei solchen Dingen gern die Messdaten von BRR (Bicycle Rolling Resistance) zurate – und siehe da: Der RX-Pro ist tatsächlich eine kleine Rakete. Der nächste Reifen im BRR-Ranking ist der P Zero Race TLR SpeedCore 40 – ein ausgewiesener Rennradreifen! Damit räumt der RX-Pro meine letzten Zweifel beiseite.
Erreicht hat Schwalbe das wohl mit einer gelungenen Kombination aus Gummimischung und Profilgeometrie: Die Stollen in der Mitte sind alle auf gleicher Höhe, sodass der Reifen gleichmäßig und mit wenig Widerstand abrollt. Chapeau.
Schwalbe G-One Overland vs. RX Pro – welcher passt besser zu deinem Fahrstil?
Der Overland war lange mein Lieblingsreifen von Schwalbe: ein echter Allrounder, der sowohl auf Asphalt als auch auf Schotter und Waldautobahnen eine sehr gute Figur machte – dabei fast so leise wie der RS Pro, der ja kaum Profil hat. Doch wie schlägt sich nun der neue RX Pro im Vergleich?
Er ist spürbar schneller unterwegs und bringt auch rund 70 g weniger auf die Waage. Auf Asphalt ist er allerdings nicht komplett geräuschlos. Es ist kein dramatischer Unterschied, aber man hört ihn – deutlich leiser als ein Ultradynamico Mars, aber eben nicht flüsterleise wie ein RS oder Overland. Trotzdem: Wenn ich mich aktuell entscheiden müsste, würde meine Wahl auf den RX Pro fallen. Die Geschwindigkeit ist spürbar höher, und das leichte Summen auf Asphalt ist für mich absolut vertretbar.
Was beide Reifen gemeinsam haben: Sie lassen sich kinderleicht montieren und gelten als pannensicher – laut Bicycle Rolling Resistance sind sie beim Pannenschutz fast gleichauf. In Sachen Haltbarkeit sehe ich den Overland leicht vorn, da sich die Kräfte auf mehr (kleinere) Stollen verteilen. Fun Fact: Josh Allgeier ist mit zwei Paar Overlands ohne Panne von Deutschland nach Südafrika gefahren – rund 20.000 km!
RX Pro im Härtetest: Unbound Gravel Race 2025
Ein kleiner Ritterschlag zum Schluss: Beim wohl größten Gravelrennen der Welt, dem Unbound 200, belegten Fahrende auf dem RX Pro die Plätze 1 und 2. Platz 1 setzte vorne auf den RS Pro, Platz 2 fuhr RX Pro vorn und hinten. Es scheint also, als wären sich auch die Profis einig: Wer es ernst meint mit Gelände, ist beim RX Pro an der richtigen Adresse.
Stärken und Schwächen des RX Pro
POSITIV
✔️ Angenehmes Fahrgefühl auf fast jedem Untergrund
✔️ Ausgezeichneter Grip im Gelände, ohne auf Asphalt zu enttäuschen
✔️ Für das grobe Stollenprofil überraschend leise nach kurzer Einfahrzeit
✔️ Sehr gute Selbstreinigung bei Matsch und Tonböden
✔️ Hoher Komfort und solide Haltbarkeit
NEUTRAL
➖ Größere Varianten wie 2.1″ oder 2.25″ wären wünschenswert
➖ UVP liegt bei 75 €, Marktpreis hat sich aber um die 50 € eingependelt
NEGATIV
❌ Kein Leichtgewicht – aber das ist bei dem Profil auch zu erwarten
Fazit: Für wen lohnt sich der G-One RX Pro wirklich?
Der Schwalbe G-One RX Pro ist genau das, was Schwalbe verspricht: ein Gravelreifen fürs Grobe. Und man muss sagen – das können sie einfach. Wer viel Zeit abseits befestigter Wege verbringt und sein Setup geländetauglich machen will, ohne auf Asphalt komplett an Tempo zu verlieren, sollte sich den RX Pro näher anschauen. Er ist pannensicher, komfortabel, leicht zu montieren und in vielen Größen verfügbar.
Ach ja – und wer bis hierhin gelesen hat: Im Sommer könnte bei Schwalbe noch was Neues anrollen … 😉